12.10.1996: partiell
In diesem Jahr habe ich erstmals meine eigenen Beobachtungen gegenüber einem größeren Vereinseinsatz zurück gestellt. Irgendwann im Frühjahr 1996, nachdem André Wulff und ich die Öffentlichkeitsarbeit der GvA Hamburg übernommen und mit der Reorganisation begonnen hatten, kam uns die Idee, nicht nur zur Mondfinsternis am 3./4. April 1996, sondern insbesondere auch zur partiellen Sonnenfinsternis am 12. Oktober eine öffentlichkeitswirksame Aktion zu starten. Dabei hatte ich die Vorstellung, dass man das Ganze mit einer Art Festivität verbinden sollte, da die Finsternis zu einem sehr günstigen Zeitpunkt, am frühen Samstagnachmittag, stattfinden würde.
Der Vorstand stimmte insgesamt dem Vorhaben zu, und so begannen wir mit der Planung. Zunächst wollten wir einige Fernrohre um das Planetarium herum aufstellen, ein befreundeter Würstchenhändler sollte seine Waren hier verkaufen können. Wir mussten uns aber alsbald davon verabschieden, da das Bezirksamt Hamburg-Nord sein Veto gegen Veranstaltungen aussprach, bei denen „mehr als 100 Leute in den Stadtpark kommen könnten.“ Später erfuhr ich dann, das vornehmlich grüne Bezirksabgeordnete unser Vorhaben torpediert hatten! Dabei hatten wir schon von uns aus die Beseitigung anfallenden Mülls etc. mit in die Planung einbezogen. Aber das konnte die selbstherrllichen Ökos nicht erweichen. Im Gegenteil, je mehr Auflagen wir zu erfüllen versprachen, desto höher wurde die Meßlatte gesetzt. Also gaben wir schließlich auf. Übrigens: Wilde Müllkippen gab es damals auch im Stadtpark (wie auch heute noch), aber darum kümmerten sich die Herren Grünen nicht, nur gegen Astronomen hatten sie was (einer meinte gar, man brauche kein Fest, die Sonnenfinsternis könne man ja auch ohne dem sehen...). Nicht erst seit dem Rauswurf der GvA aus dem Hamburger Planetarium ist offensichtlich, dass Hamburg eine astronomiefeindliche Stadt ist (und das trotz der traditionsreichen Sternwarte in Bergedorf, aber die wollte die Hamburger Bürgerschaft ja auch schon mal aus Kostengründen schließen).
In dieser Situation half uns unser Vereinsmitglied Gerd Neumann, der mit dem Platzwart der Jahnkampfbahn (diese Sportanlage liegt gleich neben dem Wasserturm) gesprochen und dessen allgemeine Zustimmung erreicht hatte. Also fingen die Planungen noch einmal ganz von vorne an, zumal der Würstchenhändler mir offeriert hatte, dass er erst gegen 14:30 Uhr kommen könne, was für die angedachte Veranstaltung natürlich zu spät war. Bruno Mattern, seit kurzem Vorsitzender der GvA, war damals der nächste Retter in der Not, denn er hatte zwischenzeitlich mit einigen Verantwortlichen beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) gesprochen, und die hatten sich bereit erklärt, mit Essen und Trinken und einem kleinen Stand vorbei zu kommen. Außerdem erreichte Bruno Mattern, dass Optiker Carl mit einigen Fernrohren in den Stadtpark kommen würde, sodass wir „nur“ Personal für die Bedienung der Teleskope zur Verfügung stellen mussten.
Aufrufe auf unseren Vereinstreffen verliefen bis auf eine Ausnahme leider völlig im Sande, also mussten die Aktiven der Sektion Sonne der GvA „dienstverpflichtet“ werden für die Mithilfe am GvA-Stand und bei der Bedienung der Fernohre.
Je näher nun der Termin rückte, desto hektischer wurde es. Mitte September hatte ich für André Wulff und mich einen Fernsehrauftritt beim Regionalsender Hamburg 1 arrangiert; am 11. September mussten wir schon um 6 Uhr im Studio an der Rothenbaumchaussee erscheinen. Zuvor war noch eine Pressemitteilung zu fertigen, die auf die Finsternis, deren Entstehung und natürlich das GvA-Sonnenfinsternisfest hinwies. André schickte sie rechtzeitig per Fax an alle bekannten Hamburger Tageszeitungen, Rundfunk- und Fernsehstationen mit Regionalprogrammen.
Wenige Tage vor dem Fest telefonierte ich noch einmal mit dem Verwaltungsamt des Bezirksamtes Hamburg-Nord, das für die Genehmigungen von Veranstaltungen auf der Sportanlage zuständig war und erfuhr so nebenbei, dass wir bestimmte Auflagen zu erfüllen hatten und eine Nutzungsgebühr zu entrichten hätten. Ich fiel fast aus allen Wolken, denn Gerd Neumann gegenüber hatte man erklärt, dass wir den Sportplatz unentgeltlich und auflagenfrei nutzen könne. Nun hieß es, das entsprechende Schreiben aufzutreiben. Zwar hatte ich die Bediensteten gebeten, mir das Schreiben zuzusenden, aber dann ging es doch an Gerd. Der aber befand sich zu diesem Zeitpunkt auf Jugendgruppenfahrt auf der Emberger Alm.
Glücklicherweise konnte ich den Brief bei Gerds Eltern abholen. Die Auflagen waren nicht so dramatisch wie befürchtet (Verkaufstände nur zwischen Tor und Tribüne, keine Fahrzeuge auf dem Gelände usw.).
Ich teilte den Veranstaltungspartnern die Auflagen mit und koordinierte das Fest bis zum Abend des 11. Oktober. An diesem Tage lief bei mir das Telefon regelrecht heiß, aber das gehört nun einmal dazu, wenn man solche Mammutveranstaltungen organisiert.
Ein paar Tage vorher hatte Oliver Rensch bei mir angerufen und gefragt, ob er im Namen der Vereinigung der Sternfreunde (VdS) auf dem Rundgang des Wasserturms Filmaufnahmen vom gesamten Verlauf der Finsternis machen dürfte. Ich stimmte mit dem Hinweis zu, dass die GvA auf jeden Fall genannt werden sollte und wir einigten uns darauf, dass die Fernsehleute, die auf der Jahnkampfbahn waren, anschließend, nachdem sie ihre Szenen und Takes vom fest im Kasten haben, zu ihm auf den Turm geschickt werden sollten.
Die bei weitem aber interessanteste Frage war, ob das Wetter überhaupt mitspielte, oder ob auch Richtung Schottland ein gewisser McMurphy seine Wolken schicken würde. Die Tage vor der Finsternis waren entweder wolken- oder nebelverhangen. Am Morgen des 12. Oktober war es zunächst neblig, doch gegen Mittag wurde der Himmel immer klarer, wenn es auch letztlich ständig dunstig blieb.
Vor allem die der Anzahl der zu erwartenden Besucher, die zum Fest kommen würden, war nicht einzuschätzen. Zwischen ein paar Dutzend und mehreren Hundert war alles möglich. Hatten André und ich doch noch nie eine Veranstaltung dieser Größenordnung durchgeführt!
Das Hamburger Abendblatt und die Hamburger Morgenpost hatten Vorberichte veröffentlicht, nach unserem TV-Auftritt konnte ich ein Exemplar unserer Pressemitteilung an die Videotext-Redaktion von Hamburg 1 weiterleiten lassen.
Auch andere Videotext-Redaktionen nahmen unsere Nachrichten auf ihre Tafeln, doch was Hamburg 1 aus unserem Text extrahierte, war beispielhaft. Was auf den Tafeln z. B. des NDR, von ARD und ZDF, Bayern 3 und West 3 stand, war mitunter haarsträubend. In der „heute“-Sendung des ZDF konnte man gar erfahren, dass rußgeschwärzte Gläser und unbelichtete Filmstreifen ideal für die Beobachtung seien, man aber die Sonne auch mit einem Fernglas projizieren könne. Dabei hielt der Sprcher, den Feldstecher mit dem okularseitigen Ende zur Sonne...
Zurück zum 12. Oktober: Das Fest begann um 14 Uhr mit einem Vortrag von Dr. Übelacker zum Thema „Finsternisse – Schattenspiele im All“. Bereits um 13.30 Uhr waren alle 270 Plätze ausverkauft, nachdem die ersten Besucher bereits vor der Öffnung des Hauses um 13 Uhr auf den Einlass warteten. Das ließ hoffen.
Optiker Carl, Herr Grimm (Fa. Vehrenberg) und der ASB mit 7,5 Tonner (auf dem das Zelt und alles Zubehör für die Mahlzeiten geladen waren) sowie zwei Sanitäter samt Rettungswagen trafen rechtzeitig ein.
Pünktlich um 15.08 Uhr schob sich der Mond vor die Sonne, die Besucher auf der Jahnkampfbahn hielten sich Folien und Sofibrillen vor die Augen oder beobachteten an den Fernrohren. Inzwischen war die NDR Hamburg-Welle 90,3 mit einem Ü-Wagen erschienen. Kurz vor dem Beginn gab ich dann ein kurzes Rundfunkinterview, das live über den Sender ging.
Im verlauf der Finsternis zogen immer wieder Wolken vor die Sonne, die aber das Sonnenlicht soweit dämpften, dass man teilweise auch ohne Filter gefahrlos beobachten konnte. Noch immer strömten die Menschen auf den Platz und am Ende schätzten wir etwa 400 Besucher, die erschienen waren, um sich die Finsternis anzuschauen.
Mit voranschreitender Finsternis konnten auch wir als Veranstalter mal einen längeren Blick auf die teilverfinsterte Sonne werfen. Um 17:37 Uhr hatte der Mond die Sonne wieder frei gegeben und natürlich klarte es danach auch wieder richtig auf. Viel zu schnell war dieses imposante Naturschauspiel wieder vorüber. Beeindruckend waren sicher für viele die vor der Sonne durchziehenden hohen Wolkenbänke und einige Besucher harrten dann auch bis zum Schluss aus.
Unsere intensive Pressearbeit wurde leider in der Nachschau nicht gut honoriert. Das von Hamburg 1 zugesagt Drehteam war ebenso wenig erschienen, wie die lokalen Abteilungen des NDR. Von SAT 1 oder RTL, weiteren Rundfunk- oder Zeitungsreportern. Lediglich das Hamburger Abendblatt war mit einem Fotografen und einer Reporterin vor Ort, denen ich ebenfalls ein kurzes Interview geben konnte.
Am nächsten Morgen tauchte in der Bild am Sonntag eine kurze Notiz mit Foto zum Fest auf und die Hamburger Morgenpost hatte „kalt“ geschrieben, d.h. ohne beim fest überhaupt dabei gewesen zu sein. Dafür hatte sie die Veranstaltung der „Hamburger Vereinigung der Sternfreunde, VdS“ zugeschrieben, die GvA, Hauptveranstalterin war ebenso wenig erwähnt worden wie die Mitveranstalter...
Dennoch konnte die Veranstaltung als voller Erfolg bezeichnet werden. Und es konnte erreicht werden, dass nicht nur die GvA, sondern auch das Planetarium, Optiker Carl, der ASB und natürlich auch die Besucherinnen und Besucher zufrieden waren. Und diese Großveranstaltung machte deutlich: Die befürchteten Müllberge sind nicht angefallen, auch deshalb, weil wir als Veranstalter uns unserer Verantwortung bewusst waren und hinterher das Gelände noch mal absuchten und Weggeworfenes beseitigen!
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